Job & Karriere Schwangerschaft

Mama-Urteil: Schwanger. Gekündigt. Diskriminiert.

Ein Baby im Bauch und ein Kündigungsschreiben in der Hand – das geht doch gar nicht, oder?

Natürlich habt ihr mit diesem Einwand Recht. Schließlich gilt für schwangere Arbeitnehmerinnen ein Kündigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz: Eine Kündigung des Arbeitsvertrages während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist unzulässig (es sei denn die Arbeitsschutzbehörde stimmt in Ausnahmefällen zu).

Das bedeutet jedoch nicht, dass gegenüber Schwangeren keine Kündigungen ausgesprochen werden. Im Gegenteil: In der Arbeitswelt kommt es immer wieder vor, dass schwangeren Frauen plötzlich eine Kündigung überreicht wird.

Nun sind bei der Kündigung einer Schwangeren zwei Varianten zu unterscheiden:

Die harmlose Variante 1: Der Arbeitgeber ist noch nicht über die Schwangerschaft informiert worden, kündigt also nicht in Kenntnis der Schwangerschaft. Üblicherweise nimmt er die Kündigung zurück, sobald ihm der mutmaßliche Entbindungstermin durch Attest einer Hebamme oder eines Arztes nachgewiesen wird.

Die benachteiligende Variante 2: Der Arbeitgeber wurde über die Schwangerschaft informiert – und kündigt trotzdem. Die Besonderheit an dieser Variante: Neben der Unwirksamkeit der Kündigung kommt auch eine Geschlechterdiskriminierung, verbunden mit Schadensersatzansprüchen in Betracht. Der Arbeitgeber umgeht in derartigen Fällen schließlich bewusst ein Kündigungsverbot, dass an geschlechtsspezifische Gründe (Schwangerschaft) anknüpft.

…und genau darum geht es in dem Mama-Urteil des Arbeitsgerichts Berlin, dass ich euch heute vorstellen möchte (Urteil vom 08.05.2015, Aktenzeichen 28 Ca 18485/14):

Der Fall

Eine Berliner Mutter, ich nenne sie einfach Sarah, arbeitet seit April 2014 als Rechtsanwaltsfachangestellte bei einem Rechtsanwalt. Sie ist schwanger, ihr Arbeitgeber weiß davon noch nichts. Nachdem sie länger krank ist, wird ihr Arbeitsvertrag während der Probezeit ordentlich gekündigt. Die Kündigung wird in dem sich anschließenden Kündigungsprozess für unwirksam erklärt, weil die Arbeitsschutzbehörde nicht ihre Zustimmung erteilt hat. Im Prozess legt Sarah ihren Mutterschutzpass vor, aus welchem der mutmaßliche Entbindungstermin hervorgeht (25.01.2015).

Einige Monate später, Sarah befindet sich nach einem individuellen bereits im gesetzlichen Beschäftigungsverbot, kündigt ihr der Arbeitgeber erneut am 18.12.2014. Diesmal fristlos. Begründung: Sie habe nach dem Auslaufen des Beschäftigungsverbotes unentschuldigt gefehlt. Zudem schreibt er folgenden Satz unter die Kündigung: „Für die bevorstehenden Feiertage wünsche ich Ihnen alles Gute“. Sarah fühlt sich durch den Ausspruch dieser Kündigung diskriminiert und klagt auf Schadensersatz.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht Berlin entscheid: Die zweite Kündigung stellte eine Diskriminierung wegen des Geschlechts nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar. Dabei bezog es sich auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die Kündigung einer schwangeren Mutter, die entgegen den Vorschriften des Mutterschutzgesetzes erfolgt, eine Diskriminierung darstellen kann (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.10.2013, 8 AZR 742/12).

Entscheidend war, dass der Arbeitgeber (immmerhin ein Rechtsanwalt!) aus dem Vorprozess den Mutterpass bzw. Entbindungstermin von Sarah kannte. Sein Einwand, er habe gedacht, die Schwangerschaft sei beendet, weil ihn Sarah nicht über dies Mutterschutzfrist informiert habe, ließ das Gericht nicht gelten. Auch die „netten Grußworte“ im Kündigungsschreiben wurden als ironisch und diskriminierend angesehen. Das Gericht entschied daher, dass Sarah wegen ihrer Schwangerschaft und damit wegen ihres Geschlechts diskriminiert worden ist und sprach ihr eine Entschädigung in Höhe von EUR 1.500,00 zu.

SMART-MAMA TIPP:

Du bist schwanger und dir wurde gekündigt? Dann solltest du, falls noch nicht geschehen, deinem Arbeitgeber so schnell wie möglich die Schwangerschaft offenbaren und nachweisen (spätestens innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung). Wichtig: Nimmt der Arbeitgeber die Kündigung nicht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang zurück, musst du zwingend Kündigungsschutzklage erheben – sonst wird die Kündigung wirksam.

War deinem Arbeitgeber die Schwangerschaft bei Ausspruch der Kündigung bekannt, oder kamen im Zusammenhang mit der Kündigung noch weitere für dich unangenehme Benachteiligungen, die über den „Normalfall“ hinausgehen hinzu? Dann solltest du dich umgehend anwaltlich beraten lassen. In diesem Fall besteht ggf. die Möglichkeit Schadensersatz wegen Diskriminierung einzuklagen.

 

Ist dir schon änliches widerfahren? Eine Kündigung während der Schwangerschaft – vielleicht sogar verbunden mit einer Diskriminierung? Ich freue mich, wenn du hier mit anderen Leserinnen deinen Erfahrungen teilst!

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2 Kommentare

  • Antworten
    Ursula
    2. März 2016 at 10:14

    Hallo Sandra,
    Danke für den Überblick und den Hinweis auf Diskriminierung. Das wusste ich nicht, dass das evtl. darunter fällt. ich wurde von meinem AG trotz Kenntnis über meine Schwangerschaft gekündigt. Begründung der Kündigung war, dass die Kündigung im Rahmen der Probezeit erfolgen würde. Ich war vor Erhalt des Kündigungsschreiben 2 Wochen Krankgeschrieben, AG rief mich während dessen an und wollte wissen welche genaue Krankheit ich habe und wollte auch wissen was ich privat mache, um zu erfahren ob ich wirklich krank bin. Ich habe darüber natürlich keine Auskunft gegeben. Noch am Tag des Kündigungserhalt habe ich Kündigungsschutzklage eingereicht. Jetzt meine Frage, wie bereite ich mich für die Güteverhandlung vor? Muss ich Forderungen stellen? Fällt diese Kündigung unter Diskrimierung? Muss ich nun außerdem zum Arbeitsamt und mich arbeitslos melden oder erst wenn die Kündigung angenommen wurde? Die Kündigung wurde seitens des AGs vorher nicht von der Arbeitsschutzbehörde bewilligt. Freu mich über Erfahrung und Wissen 🙂

    Viele Grüße,

    Ursula

  • Antworten
    Ursula
    2. März 2016 at 10:16

    Ich meinte im fast letzten Satz natürlich nicht seitens AG, sondern seitens Arbeitsschutzbehörde… 🙂

  • Antworten