Elternzeit Urteile Vermischtes

Arbeitsgericht Essen bestätigt: Kürzung der Inflationsausgleichsprämie während der Elternzeit ist rechtswidrig

Auf vielfachen Wunsch teile ich hier das anonymisierte Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 16.04.2024 (Az 3 Ca 2231/23), in welchem entschieden wurde, dass die Nichtzahlung einer Inflationsausgleichsprämie während der Elternzeit bzw. Teilzeit in Elternzeit rechtswidrig ist. Dazu eine kurze Zusammenfassung:

Meine Mandantin, deren Arbeitsverhältnis sich nach dem TVöD bestimmt, erhielt während der Elternzeit sowie Teilzeit in Elternzeit keine (vollständige) Inflationsausgleichprämie. Der Arbeitgeber berief sich auf den Tarifvertrag, wonach nur dann ein Anspruch besteht, wenn man im maßgeblichen Zeitraum Arbeitsentgelt erzielt hat. Der Ausschluss von Eltern in Elternzeit sei zudem von der Tarifautonomie gedeckt.

Das Arbeitsgericht Essen gab meiner Mandantin Recht. Der Ausschluss von Eltern in Elternzeit laut Tarifvertrag sei rechtswidrig und verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie gegen das Willkürverbot. Die Differenzierung im Vergleich zu Arbeitnehmenden die Krankengeld beziehen und die IAP erhalten, sei sachlich nicht nachvollziehbar. Die Mutter kann daher verlangen so gestellt zu werden als zähle sie zum Kreis der Begünstigten. AGG-Schadensersatz wegen Diskriminierung wurde der Mutter dagegen nicht zugesprochen, da der Arbeitgeber bei der Nichtauszahlung nicht grob fahrlässig gehandelt habe.

Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist – es ist bereits schon jetzt wegweisend für alle Eltern in Elternzeit, die keine Inflationsausgleichsprämie erhalten haben.

Wortlaut des Urteils des Arbeitsgericht Essen vom 16.04.2024, Az 3 Ca 2231/23

T e n o r

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.644,62 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.240,00 EUR seit dem 01.07.2023, aus jeweils 220,00 EUR seit dem 01.08.2023, 01.09.2023, 01.10.2023, 01.11.2023, 01.12.2023, 01.01.2024 sowie aus 84,62 EUR seit dem 01.02.2024.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 84,62 EUR zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2024.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 75 %, die Beklagte zu 25 %.

5. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.729,24 EUR festgesetzt.

6. Die Berufung wird gesondert zugelassen.

T a t b e s t a n d : 

Die Parteien streiten um die Zahlung eines tariflichen Inflationsausgleichs während der Elternzeit und um eine Entschädigung. 

Die Klägerin ist seit dem 00.00.2019 bei der Beklagten (…) beschäftigt. Grundlage ist der Arbeitsvertrag vom 00.00.2018 (Bl. 10ff. d.A.). Sie befand sich ab Sommer 2022 bis zum 00.00.2024 in Elternzeit. 

§ 2 des Arbeitsvertrags lautet: 

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst [TVöD) für den Bereich Verwaltung (TVöD-V) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände [VKA) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. 

Die Beklagte zahlte an die Klägerin, solange sich diese in Elternzeit befand und keine Teilzeittätigkeit ausübte, keinen Inflationsausgleich nach dem Tarifvertrag über Son-derzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise vom 22.04.2023, der zwischen der BRD, der VKA, ver.di u.a. abgeschlossen worden ist (im Folgenden: „TV Inflationsausgleich“). 

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 29.08.2023 auf, die Auszahlung nachzuholen. Gleichzeitig machte sie Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und 2 S. AGG geltend. 

Mit Schreiben vom 15.09.2023 lehnte die Beklagte dies ab. 

Mit ihrer am 20.10.2023 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 31.10.2023 zugestellten Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Dabei hat sie den damals noch nicht fälligen Teil des Inflationsausgleichs zunächst im Rahmen eines Feststellungsantrags geltend gemacht. 

Seit dem 14.12.2023 bis zum Ende der Elternzeit am 00.00.2024 arbeitete sie in Teil-zeit mit einem Stundenumfang von 24 Wochenstunden. Eine Vollzeittätigkeit entspräche 39 Wochenstunden. 

Für die Monate Januar und Februar 2024 zahlte die Beklagte an die Klägerin als Inflationsausgleich jeweils 135,38 EUR. 

Die Klägerin ist der Ansicht, der TV Inflationsausgleich verstoße, soweit er Beschäftigte in Elternzeit von dem Bezug der Sonderzahlung Inflationsausgleich ausschließt, gegen das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot und begründe zudem eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts i.S.d. § 1 AGG. Seine Entgeltbezugsregelung stelle eine mittelbare Diskriminierung dar, da Mütter im Allgemeinen länger in Elternzeit gingen als Väter. Die im TV Inflationsausgleich vorgenommene Ungleichbehandlung sei auch nicht durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt. Eine Herausnahme von Beschäftigten ohne Entgelt(fortzahlungs)bezug laufe dem Zweck der Inflationsausgleichszahlung, einer Entlastung in Bezug auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten, zuwider, da diese naturgemäß in besonderem Maße von den steigenden Preisen betroffen seien. Ein Rückgriff auf andere Zwecke zur Rechtfertigung des Ausschlusses sei unzulässig. Im Übrigen seien Arbeitnehmer in Elternzeit betriebstreu, und auf einen Vergütungszweck des Inflationsausgleichs könne sich die Beklagte nicht berufen vor dem Hintergrund, dass auch Arbeitnehmer im Kinderkrankengeldbezug nach § 4 Abs. 2 S. 3 TV Inflationsausgleich anspruchsberechtigt sind. Die Tarifregelung sei daher gemäß § 7 Abs. 2 AGG insoweit unwirksam, als sie Arbeitnehmer in Elternzeit ausschließe. 

Ferner sei die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet. Die Regelung des § 15 Abs. 3 AGG, wonach der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet ist, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat, sei europarechtswidrig. Abgesehen davon habe die Beklagte aber auch grob fahrlässig den diskriminierenden Charakter der tariflichen Regelung verkannt. 

Die Klägerin beantragt zuletzt, 

  1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.644,62 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.240,00 EUR seit dem 01.07.2023, aus jeweils 220,00 EUR seit dem 01.08.2023, 01.09.2023, 01.10.2023, 01.11.2023, 01.12.2023, 01.01.2024 sowie aus 84,62 EUR seit dem 01.02.2024; 
  2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 84,62 EUR zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2023; 
  3. die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Entschädigung zu zahlen, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird und 8.000,00 EUR nicht unterschreiten sollte. 

Die Beklagte beantragt, 

die Klage abzuweisen. 

Sie meint, die den Anspruch ausschließende Tarifregelung unterfalle der verfassungsrechtlich garantierten Tarifautonomie und verstoße mangels Vergleichbarkeit weder gegen das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot noch gegen das Diskriminierungsverbot. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Ausschluss keinerlei Bezug zum Geschlecht habe. Dass Frauen häufiger bzw. länger Elternzeit in Anspruch nähmen als Männer, rechtfertige keine andere Betrachtung. Insbesondere während der Elternzeit sei der Arbeitgeber nicht für den Reallohnverlustausgleich verantwortlich. Im Übrigen müssten die Tarifvertragsparteien mit der gefundenen Lösung nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung vereinbaren. Die Grenze zur Willkür sei erst dann überschritten, wenn sich — anders als im vorliegenden Fall — ein sachgerechter Grund für die Regelung nicht finden ließe. Die Tarifvertragsparteien hätten eine sachlich begründete Differenzierung vorgenommen, dies vor dem Hintergrund, dass das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit ruht, kein Entgelt vom Arbeitgeber bezogen wird, der Erholungsurlaub gekürzt werden kann und die Elternzeit auf einer selbstbestimmten Entscheidung des Arbeitnehmers beruhe. Eine Vergleichbarkeit mit der Konstellation des Krankengeldbezugs sei nicht gegeben. Bei diesem bestünden die Hauptleistungspflichten grundsätzlich weiter und es müsse jederzeit mit einer Rückkehr gerechnet werden. Zudem würden, wenn Arbeitnehmer in Elternzeit (ohne Teilzeittätigkeit) anspruchsberechtigt wären, wiederum Arbeitnehmer mit unbe-zahltem Sonderurlaub benachteiligt. Und würden Arbeitnehmer, die Teilzeit in Eltern-zeit leisten, die volle Inflationsausgleichsprämie erhalten, würden etwa Arbeitnehmer benachteiligt, die wegen einer Schwerbehinderung in Teilzeit arbeiten. 

Auch für Dezember 2023 stehe der Klägerin kein Inflationsausgleich zu. Maßgeblich für die Teilzeitbeschäftigung seien die Verhältnisse am 1. Tag des jeweiligen Bezugs-monats. Dies ergebe sich daraus, dass § 3 Abs. 2 S. 3 TV Inflationsausgleich nur auf § 24 Abs. 2 TVöD verweist, nicht jedoch auf § 24 Abs. 3 TVöD. 

Für Januar und Februar 2024 könne die Klägerin aufgrund ihrer Teilzeittätigkeit nur den bereits ausgezahlten Inflationsausgleich in Höhe von jeweils 135,38 EUR beanspruchen. 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst deren Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : 

A. 

Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet. 

I. 

Zu den Anträgen zu 1) und 2) auf Zahlung des Inflationsausgleichs: 

Diese Anträge sind zulässig. Dies gilt auch für die aufgrund Zeitablaufs erfolgte Ände-rung des Feststellungsantrags in einen Leistungsantrag, die sachdienlich i.S.d. § 263 ZPO ist. 

Die Anträge sind überwiegend begründet. 

1. 

Die Beklagte ist gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 3 Abs. 1 und 2 des TV Inflati-onsausgleich verpflichtet, der Klägerin einen Inflationsausgleich von 1.240 EUR bezogen auf Juni 2023 sowie weitere 220,00 EUR monatlich für Juli 2023 bis Januar 2024 abzüglich der für Januar 2023 geleisteten 135,38 EUR zu zahlen, mithin 2.644,62 EUR. 

Ebenso ist die Beklagte aus demselben Rechtsgrund verpflichtet, an die Klägerin für Februar 2024 220,20 EUR abzüglich geleisteter 135,38 EUR zu zahlen, also 84,62 EUR. 

Die Klägerin fällt unter den TVöD (§ 1 Buchs. a) TV Inflationsausgleich), das Arbeitsverhältnis bestand am 01.05.2023 und auch in den Monaten Juli 2023 bis Februar 2024 (§ 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 TV Inflationsausgleich). 

Zwar bestimmt § 2 Abs. 1 TV Inflationsausgleich, dass an mindestens einem Tag zwischen dem 1. Januar 2023 und dem 31. Mai 2023 Anspruch auf Entgelt bestanden haben muss, was hinsichtlich der Klägerin nicht der Fall ist. Ebenso regelt § 3 Abs. 1 TV Inflationsausgleich, dass der Anspruch nur besteht, wenn an mindestens einem Tag im Bezugsmonat Anspruch auf Entgelt bestanden hat. 

Dennoch kann die zum maßgeblichen Zeitpunkt in Elternzeit befindliche Klägerin ver-langen, so gestellt zu werden, als zähle sie zum Kreis der Begünstigten. 

Verstößt ein Tarifvertrag insoweit gegen höherrangiges Recht, als er in gesetzes- bzw. verfassungswidriger Weise Personengruppen von einer Leistung ausschließt, so ist nicht die gesamte begünstigende Regelung unwirksam, sondern nur die Ausschluss-klausel. Die leistungsgewährenden Tarifvertragsbestimmungen sind in diesem Fall auf diejenigen Personen zu erstrecken, die rechtswidrig ausgeschlossen wurden (vgl. BAG vom 24.09.2003 – 10 AZR 675/02, juris Rdn. 52 m.w.N.). 

Vorliegend liegt – jedenfalls – ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. 

Die Tarifvertragsparteien – auch die des öffentlichen Dienstes – sind bei ihrer Normset-zung nicht unmittelbar an Grundrechte gebunden. Die Gerichte für Arbeitssachen sind aber gemäß Art. 1 Abs. 3 GG zum Schutz der Grundrechte berufen. Der hieraus folgende Schutzauftrag verpflichtet sie dazu, die Grundrechtsausübung durch die Tarifvertragsparteien zu beschränken, wenn diese mit den Freiheits- oder Gleichheitsrechten oder anderen Rechten mit Verfassungsrang der Normunterworfenen kollidiert. Die Gerichte müssen insoweit praktische Konkordanz herstellen. Das führt zu einer mittelbaren Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien. Das gilt auch für den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser bildet als fundamentale Gerechtigkeitsnorm eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie. Die Gerichte sind darum aufgrund des Schutzauftrags der Verfassung auch verpflichtet, gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen zu unterbinden. Diese Grenze ist zu beachten, obwohl Tarifnormen nicht selten Ergebnisse tarifpolitischer Kompromisse sind („Gesamtpaket“), und kann damit zur Beschränkung der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Rechte der Tarifvertragsparteien führen. Tarifnormen sind deshalb im Ausgangspunkt auch am Gleichheitssatz zu messen. Tarifvertragsparteien steht bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie allerdings ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Ihnen kommt eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind. Darüber hinaus verfügen sie über einen Beurteilungs- und Ermessens-spielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung. Die Gerichte dürfen nicht eigene Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle von Bewertungen der zuständigen Verbände setzen. Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt, der dem Differen-zierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen ist. So belässt der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG den Tarifvertragsparteien etwa bei der Festlegung, ob und welche Erschwernisse sie durch finanzielle oder andere Zulagen in welchem Umfang ausgleichen wollen, grundsätzlich einen weit reichenden Entscheidungsspielraum. Solche an situationsgebundene Kriterien anknüpfenden Festlegungen beruhen wesentlich auf tarifpolitischen Wertungen und Gestaltungen im Bereich der Lohnfindung, die nach der Konzeption des Grundgesetzes grundsätzlich den Tarifvertragsparteien übertragen ist, weil dies nach Überzeugung des Verfassungsgebers zu sachgerechteren Ergebnissen als eine staatlich beeinflusste Lohnfindung führt. Welche Erschwernisse sie auf der Grundlage ihrer Spezialkenntnisse der Bereiche, für die sie Regelungen treffen, in welcher Weise und Höhe ausgleichen wollen, bleibt daher grundsätzlich den Tarifvertragsparteien überlassen. Das schließt auch die Befugnis zu Zulagenregelungen ein, die Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen. Die den Tarifvertragsparteien bei der Festlegungen, mit denen die Tarifvertragsparteien solche Erschwernisse ausgleichen wollen, offenkundig auf sachwidrigen, willkürlichen Erwägungen beruhen. Das ist der Fall, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Jedenfalls bei dieser Willkürkontrolle ist deshalb nicht ausschlaggebend, ob die maßgeblichen Gründe im Tariftext Niederschlag gefunden haben oder diesem zumin-dest im Wege der Auslegung zu entnehmen sind. Maßgeblich für die Annahme eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Willkürverbot ist nicht eine etwaige subjektive Willkür des Normgebers. Erforderlich ist vielmehr die objektive Unangemessenheit der Norm im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll, und damit objektive Willkür (vgl. BAG vom 20.07.2023 – 6 AZR 256/22, juris Rdn. 37ff.). gung solcher situationsgebundenen Zulagen zukommende Einschätzungsprärogative ist ebenso wie bei Stichtagsregelungen als „Typisierungen in der Zeit“ grundsätzlich erst dann überschritten, wenn das Willkürverbot als äußerste Grenze der Tarifautonomie verletzt ist. Von den Arbeitsgerichten nachzuprüfen ist deshalb nur, ob Tarifregelungen, mit denen die Tarifvertragsparteien solche Erschwernisse ausgleichen wollen, offenkundig auf sachwidrigen, willkürlichen Erwägungen beruhen. Das ist der Fall, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Jedenfalls bei dieser Willkürkontrolle ist deshalb nicht ausschlaggebend, ob die maßgeblichen Gründe im Tariftext Niederschlag gefunden haben oder diesem zumindest im Wege der Auslegung zu entnehmen sind. Maßgeblich für die Annahme eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Willkürverbot ist nicht eine etwaige subjektive Willkür des Normgebers. Erforderlich ist vielmehr die objektive Unangemessenheit der Norm im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll, und damit objektive Willkür (vgl. BAG vom 20.07.2023 – 6 AZR 256/22, juris Rdn. 37ff.).

Der Ausschluss von Arbeitnehmern in Elternzeit verstößt gegen das vorstehende Willkürverbot. 

Zwar ist es zulässig, Arbeitnehmer in Elternzeit von bestimmten Leistungen auszunehmen. Jedoch muss im konkreten Fall die Differenzierung zwischen dem Kreis der Anspruchsberechtigten und demjenigen der Nichtberechtigten sachlich nachvollziehbar sein. Dies ist vorliegend nicht der Fall. 

Die Leistungen nach dem TV Inflationsausgleich stellen keine Vergütung für erbrachte Arbeitsleistung dar. Es mag sein, dass die Tarifvertragsparteien diese Sonderzahlungen anstelle einer entsprechend früheren Anhebung der Tabellenvergütung vereinbart haben, um die Möglichkeit einer steuer- und sozialabgabenfreien Sonderprämie zu nutzen, die der Gesetzgeber aus gesamtwirtschaftlichen Gründen zur Verhinderung einer als ungünstig angesehenen Lohnentwicklung geschaffen hat. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Tarifvertragsparteien sich darauf verständigt haben, die Tabel-lenentgelte erst später zu erhöhen, und sie stattdessen Sonderzahlungen beschlossen haben, deren Höhe nicht von der jeweiligen Entgeltgruppe abhängt und für die nicht die Erbringung von Arbeitsleistung im Bezugszeitraum Voraussetzung ist, sondern der Anspruch auf Entgelt an mindestens einem Tag im Bezugszeitraum (§ 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1), wobei als Entgelt unter anderem auch der Krankengeldzuschuss nach § 22 Abs. 2 und 3 TVöD zählt, auch wenn dieser wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers nicht gezahlt wird (§ 4 Abs. 2 S. 1). Ebenso anspruchsbe-rechtigt ist ein Arbeitnehmer, wenn er an mindestens einem Tag im Bezugszeitraum Krankengeld bei Erkrankung des Kindes nach § 45 SGB V bezieht (§ 4 Abs. 2 S. 3), im gesamten Bezugszeitraum jedoch keinen Anspruch auf Entgelt gegen den Arbeitgeber hat.

Auch die Arbeitnehmer in den beiden vorstehend genannten Konstellationen, die kei-nerlei finanzielle Leistungen vom Arbeitgeber beziehen, erhalten den Inflationsaus-gleich. 

Die Kammer geht davon aus, dass die Tarifvertragsparteien bezweckt haben, Kran-kengeldbezieher, die wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträ-gers keinen Krankengeldzuschuss vom Arbeitgeber erhalten, mit solchen Arbeitneh-mern gleichzustellen, die einen Krankengeldzuschuss bekommen, und dass sie Kin-derkrankengeldbezieher – die keine Leistungen des Arbeitgebers erhalten – mit Ar-beitnehmern gleichstellen wollten, die wegen eigener Erkrankung Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw. Krankengeld mit Krankengeldzuschuss beziehen und auch mit Arbeitnehmern, die bezahlte Arbeitsbefreiung nach § 29 Abs. 1 Buchst. e) TVöD in Anspruch nehmen. 

Aber auch unter Berücksichtigung dieser Umstände ist für die Kammer im Ergebnis kein sachlich einleuchtender Grund dafür ersichtlich, warum Arbeitnehmer in Elternzeit (die nicht in Teilzeit tätig sind), keinen Inflationsausgleich erhalten sollen, Arbeitneh-mer im Krankengeldbezug, die wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversiche-rungsträgers keinen Krankengeldzuschuss bekommen, hingegen schon, ebenso wie Arbeitnehmer, die im Bezugszeitraum nur Kinderkrankengeld beziehen. 

In der Elternzeit ruhen die arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten (vgl. BAG vom 08.05.2018 – 9 AZR 8/18, juris Rdn. 22). Ein Arbeitsverhältnis ruht, wenn die wechselseitigen Hauptpflichten kraft Gesetzes oder (ggf. konkludenter) vertraglicher Vereinba-rung suspendiert sind und somit der jeweilige Gläubiger von seinem Schuldner die Erbringung der Leistung nicht mehr verlangen und durchsetzen kann (vgl. BAG vom 12.10.2022 – 10 AZR 496/21, juris Rdn. 32). 

Im Falle einer über den Entgeltfortzahlungszeitraum hinausgehenden Erkrankung ruht das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht, vielmehr liegt auf Seiten des Arbeitnehmers eine Leistungsstörung vor (vgl. BAG vom 12.10.2022 – 10 AZR 496/21, a.a.O. Rdn. 33). 

Allein die Schlagworte „ruhendes Arbeitsverhältnis“ einerseits und „Leistungsstörung“ andererseits sind jedoch nicht ausreichend, um einen sachlich vertretbaren Differenzierungsgrund zu bilden. Vielmehr ist zu prüfen, worin die inhaltlichen Gemeinsamkei-ten bzw. Unterschiede konkret bestehen. 

In allen drei Konstellationen besteht das Arbeitsverhältnis fort, ohne dass ein Aus-tausch wechselseitiger Leistungen stattfindet und ohne dass der Arbeitgeber finanzielle Leistungen erbringt. 

Während der längerfristig erkrankte Arbeitnehmer und derjenige, dessen Kind erkrankt ist, Krankengeld von seiner Krankenkasse bezieht, bezieht ein Arbeitnehmer in Eltern-zeit typischerweise Elterngeld von der öffentlichen Hand. Alle drei Gruppen sind in gleicher Weise von gestiegenen Lebenshaltungskosten be-troffen. 

Sowohl Arbeitnehmer in Elternzeit als auch Arbeitnehmer im Krankengeldbezug sind betriebstreu. Sie nehmen ihre arbeitsvertragliche Tätigkeit typischerweise nach ihrer Genesung bzw. nach Ablauf der Elternzeit wieder auf. Entsprechendes gilt für den Fall des Kinderkrankengeldbezugs. 

Dass der Zeitpunkt des Endes der Elternzeit in der Regel feststeht, der Zeitpunkt der Genesung hingegen regelmäßig nicht, ist kein sachliches Differenzierungskriterium. Die Unsicherheit, ob und wann der langzeiterkrankte Arbeitnehmer die Arbeitsfähigkeit wiedererlangt bzw. er nach Genesung seines Kindes wieder arbeiten kann, ist kein Grund, diesen gegenüber einem Arbeitnehmer günstiger zu behandeln, dessen Rück-kehrzeitpunkt feststeht. 

Zwar hat der Arbeitgeber gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG das Recht, den Urlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen. Eine entsprechende Kürzungsmöglichkeit im Falle einer Langzeiterkrankung oder des Kinderkran-kengeldbezugs besteht nicht. Jedoch besteht kein sachlicher Zusammenhang zwi-schen der Dauer des Urlaubsanspruchs und dem Zweck des Inflationsausgleichs. 

Der einzige für die Kammer feststellbare Unterschied besteht darin, dass die Inanspruchnahme von Elternzeit vom Willen des Arbeitnehmers abhängt, der ein gesetzli-ches Gestaltungsrecht ausübt, die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Arbeit-nehmers jedoch nicht. Dieser Unterschied mag auch zwischen Elternzeit und Kinder-krankengeldbezug bestehen, denn der Anspruch nach § 45 Abs. 1 SGB V ist nur gegeben, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, dass das Elternteil zur Pflege des erkrankten Kindes der Arbeit fernbleibt und eine andere im Haushalt lebende Per-son das Kind nicht pflegen kann. 

Dieser Unterschied, die Ausübung eines gesetzlichen Gestaltungsrechts durch den Arbeitnehmer, ist jedoch nach Überzeugung der Kammer kein zulässiges Differenzie-rungskriterium, da das Recht und die Pflicht der Eltern, ihre Kinder zu pflegen und zu erziehen, in Art 6 Abs. 2 GG verankert ist. 

Dem Argument der Beklagten, grundsätzlich liege die Entscheidung, Elternzeit zu be-anspruchen, bei der jeweiligen Person, denkbar und möglich sei nämlich auch, dass der andere Elternteil das Kind betreut, eine häusliche Betreuung des Kindes durch eine andere Person erfolgt oder eine außerhäusliche Betreuung, etwa in einer Kinder-tagesstätte, gewählt wird (Bl. 181.0.F d.A.), ist entgegenzuhalten, dass es faktisch ebenfalls bei der jeweiligen Person liegt, zu entscheiden, dass das erkrankte Kind durch den anderen Elternteil oder eine sonstige Person gepflegt wird. Dass der bescheinigende Arzt diese Auswahl vornimmt, ist fernliegend. Zudem – darauf weist die Klägerin zu recht hin (Bl. 189 d.A.) – wird die freie Entscheidung in Bezug auf die Inanspruchnahme der Elternzeit dadurch relativiert, dass – wenn man denn die Fremdbetreuung eines Kindes ab einem Alter von acht Wochen für an-gemessen erachtet – nicht ausreichend Plätze in Betreuungseinrichtungen vorhanden sind, um eine Berufstätigkeit aller Eltern ab dem Ende der Mutterschutzzeit zu ermöglichen, erst recht keine Vollzeitbeschäftigung. 

Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.11.2023 – 10 AZR 288/22 (insb. Rdn 77, juris) folgt lediglich, dass es eine zulässige Unterscheidung darstellen kann, wenn sich Tarifvertragsparteien, Betriebspartner bzw. Arbeitgeber entscheiden, zwischen Arbeitnehmern, die Lohn bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall beziehen, und solchen, die (z.B. aufgrund Elternzeit) keinerlei Leistungen des Arbeitgebers er-halten, zu differenzieren (siehe auch die Betriebsvereinbarung in der vorstehend ge-nannten Entscheidung, Rdn. 3 bei juris). Vorliegend gibt es jedoch keine derartige stringente Differenzierung, denn Arbeitnehmer im Krankengeldbezug, die wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers keinen Krankengeldzuschuss bekommen, und Arbeitnehmer, die im Bezugszeitraum nur Kinderkrankengeld bezie-hen, sind sehr wohl anspruchsberechtigt. 

Ein sachlicher Grund für eine Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in Elternzeit und Arbeitnehmern, die Kinderkrankengeld beziehen, ist auch nicht darin zu erblicken, dass die Elternzeit typischerweise einen längeren Zeitraum umfasst als die Bezugs-dauer von Kinderkrankengeld. Erhält ein Arbeitnehmer auch nur für einen Tag im Be-zugszeitraum reguläres Arbeitsentgelt, ist er ohnehin anspruchsberechtigt. Ob er dar-über hinaus an anderen Tagen im Bezugszeitraum Kinderkrankengeld bezieht, ist un-erheblich. Die Regelung, wonach ein Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf den Infla-tionsausgleich hat, wenn er an mindestens einem Tag im Bezugszeitraum Kinderkran-kengeld bezieht, hat daher nur Relevanz in Fällen, in denen im Bezugszeitraum kein Entgeltanspruch gegen den Arbeitgeber besteht. Außerdem betrug die maximale Be-zugsdauer von Kinderkrankengeld im Jahr 2023 pro Kind 30 Arbeitstage bzw. 60 Arbeitstage für Alleinerziehende. Warum diese Konstellation anders zu behandeln ist als diejenige, in der ein Arbeitnehmer einen Monat Elternzeit nimmt, ist nicht nachvollzieh-bar. 

Dass solche Widersprüche auftreten, beruht auch nicht darauf, dass eine abstrakt-generelle tarifliche Regelung in ungewöhnlichen Sachverhaltskonstellationen vereinzelt zu Härtefällen führt. Ursache ist vielmehr, dass die Tarifvertragsparteien gezielt Ausnahmen von der Voraussetzung „Anspruch auf Entgelt gegen den Arbeitgeber“ vorgenommen haben, von denen jedenfalls zwei so gestaltet sind, dass nach Auffas-sung der Kammer kein sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung zur Konstellation der Elternzeit feststellbar ist. 

Es bedarf keiner Entscheidung, ob Arbeitnehmer, die unbezahlten Sonderurlaub nehmen, ebenfalls in unzulässiger Weise benachteiligt werden und daher so zu stellen sind, als zählten sie zum Kreis der Begünstigten. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, wegen einer Teilzeittätigkeit der Klägerin nur zu einer anteiligen Zahlung gemäß § 3 Abs. 2 S. 3 TV Inflationsausgleich i.V.m. § 24 Abs. 2 TVöD verpflichtet zu sein. 

Aufgrund eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG kann die Klägerin verlangen, so gestellt zu werden wie eine Vollzeitkraft. 

Auch hier ist kein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund dafür ersichtlich, warum Arbeitnehmer mit einem Voll-zeit-Arbeitsvertrag, die im Rahmen ihrer Elternzeit in Teilzeit arbeiten, einen verminderten Inflationsausgleich erhalten, während Arbeitnehmer im Krankengeldbezug, die wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers keinen Kranken-geldzuschuss bekommen und die eine Vollzeitanstellung haben, aber keinerlei Arbeits-leistung im Bezugszeitraum verrichten, den vollen Inflationsausgleich beziehen. Ent-sprechendes gilt in Bezug auf die Arbeitnehmer, die Kinderkrankengeld erhalten. 

Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass das Bundesarbeitsgericht bezogen auf den von den Tarifpartnern des öffentlichen Dienstes abgeschlossenen Tarifvertrag über eine einmalige Corona-Sonderzahlung vom 25.10.2022 ausgeführt hat: „Der tarifvertragliche Zweck, mit der einmaligen Corona-Sonderzahlung allen Beschäftigten unter der Voraussetzung eines zum Stichtag bestehenden Arbeitsverhältnisses sowie eines Entgeltanspruchs im Referenzzeitraum einen anlassbezogenen, an das individuelle Arbeitsentgelt angepassten Zuschuss zum individuellen Arbeitsentgelt zu gewähren, steht einer quantitativen Differenzierung nicht entgegen. Es ist nicht sachfremd, dass die Tarifvertragsparteien den Umfang der Beteiligung des Arbeitgebers an den allgemeinen Corona-Folgen an die der individuell vereinbarten Arbeitszeit entsprechenden Vergütung anknüpfen, aus der die Beschäftigten ihre Aufwendungen erfahrungsgemäß decken.“ (vgl. BAG vom 28.03.2023 – 9 AZR 132/22, juris Rdn. 25). 

Nach Überzeugung der Kammer wäre eine derartige Differenzierung jedoch vorliegend nur dann nachvollziehbar, wenn die Tarifvertragsparteien den Entgeltanspruch im Referenzzeitraum tatsächlich zur zwingenden Anspruchsvoraussetzung erhoben hätten. Dies ist jedoch aufgrund der Ausnahmefälle „Kinderkrankengeldbezug“ und „Kranken-geldbezug ohne Krankengeldzuschuss wegen der Höhe der Barleistungen des Sozia-lversicherungsträgers“ gerade nicht der Fall. 

Im Übrigen wäre es nicht sachlich nachvollziehbar, wenn Arbeitnehmer mit einem Voll-zeit-Arbeitsvertrag, die sich in Elternzeit ohne Teilzeitbeschäftigung befinden, einen Anspruch auf den vollen Inflationsausgleich hätten, Arbeitnehmer mit einem Vollzeit-Arbeitsvertrag, die während der Elternzeit in Teilzeit arbeiten, hingegen nur einen Anspruch auf einen anteiligen Inflationsausgleich. Ob Arbeitnehmer, die aufgrund einer Schwerbehinderung in Teilzeit arbeiten, ebenfalls so zu stellen sind, als zählten sie zum Kreis der Begünstigten, ist vorliegend nicht zu entscheiden. 

Die sechsmonatige außergerichtliche Ausschlussfrist gemäß § 37 Abs. 1 TVöD ist gewahrt. 

2. 

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Ziff. 1 BGB. Bezüglich des Klageantrags zu 2 sind die Zinsen allerdings erst ab dem 01.03.2024 zu zahlen. Bei der auf das Datum 01.03.2023 bezogenen Antragsformulierung dürfte es sich um ein Versehen handeln. 

II. 

Zum Antrag auf Zahlung einer Entschädigung: 

Dieser Antrag ist zulässig, aber unbegründet. 

Der Klägerin steht kein Entschädigungsanspruch gegen die Beklagte gemäß § 15 Abs. 2 AGG zu. 

Es bedarf keiner Entscheidung, ob ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG vorliegt. 

Gemäß § 15 Abs. 3 AGG ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt. 

Diese Regelung ist unionsrechtskonform. Ein Schadensersatz- oder Entschädigungs-anspruch gegen den Arbeitgeber, der nicht Verursacher der Ungleichbehandlung ist, wird vom Europarecht nicht verlangt (vgl. Krebber in: EuZA 2009, 200, 214; Wie-demann, NZA 2007, 950, 954, jeweils beck-online). 

Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer einem tarifschließenden Verband angehören, wirken die Bestimmungen eines Tarifvertrages als Rechtsnormen auf das Arbeitsver-hältnis ein. Die vermutete höhere Richtigkeitsgewähr rechtfertigt es, die Rechtsfolgen benachteiligender kollektiver Regelungen anders auszugestalten als bei Maßnahmen, für die der Arbeitgeber allein verantwortlich ist. Diese Grundsätze greifen auch dann, wenn – mangels Tarifbindung – die Geltung von Tarifverträgen im Arbeitsvertrag ver-einbart ist. Eine Haftung der vertragsschließenden Tarifvertragsparteien bzw. Be-triebsparteien fordert das europäische Recht nicht und wird durch das AGG auch nicht begründet. Eine Verantwortlichkeit des Arbeitgebers ist nur gegeben, wenn er bei der Anwendung des Kollektivrechts zumindest grob fahrlässig gehandelt hat. Benachteili-gende kollektive Regelungen sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Im Übrigen verbleibt es über § 15 Abs. 5 AGG für die Bereiche des Kollektivvertragsrechts bei den von der Rechtsprechung aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen abgeleiteten Folgen von Verstößen gegen höherrangiges Recht (vgl. BT Drucksache 16/1780, S. 38). 

Grobe Fahrlässigkeit bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen ist dann anzunehmen, wenn sich der diskriminierende Charakter der Regelung aufdrängt (vgl. Däubler/Beck/Olaf Deinert, 5. Aufl. 2022, AGG § 15 Rdn. 110, beck-online). 

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um eine schwierige Rechtsfrage. 

B. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO. Die tenorierte Kostenquote entspricht dem jeweiligen Maß des Unterliegens. 

C. 

Der Rechtsmittelstreitwert wurde gemäß den §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, § 3 ZPO festgesetzt. Die Zahlungsanträge wurden wie beziffert bewertet. 

D. 

Gemäß § 64 Abs. 3a ArbGG war zu entscheiden, dass ein Grund für eine gesonderte Zulassung der Berufung gemäß § 64 Abs. 2 lit. a), Abs. 3 Ziff. 1 ArbGG vorliegt. Die Statthaftigkeit der Berufung richtet sich daher nach § 64 Abs. 2 lit. a) und b) ArbGG. 

Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 64 Abs. 3 Ziff. 1 ArbGG. 

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung setzt voraus, dass die Beant-wortung einer Rechtsfrage zweifelhaft ist, oder dass zu ihr verschiedene nicht von vornherein abwegige Ansichten vertreten werden, und dass sie noch nicht oder nicht ausreichend höchstrichterlich geklärt ist (vgl. Schleusener in: Germelmann, 10. Aufl. 2022, ArbGG § 64 Rdn. 20f.). 

Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die Frage, ob die Tarifvertragsparteien beim Kreis der Anspruchsberechtigten einer Sozialleistung wie der Inflationsausgleichsprämie die streitgegenständliche Differenzierung vornehmen dürfen, ist nicht ausreichend höchstrichterlich geklärt und betrifft eine Vielzahl von Arbeitnehmern.

RECHTSMITTELBELEHRUNG 

Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei Berufung eingelegt werden. 

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim 

Landesarbeitsgericht Düsseldorf 

Ludwig-Erhard-Allee 21 

40227 Düsseldorf 

Fax: 0211 7770-2199 

eingegangen sein. 

Für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts ein-schließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammen-schlüsse besteht ab dem 01.01.2022 gem. §§ 46g Satz 1, 64 Abs. 7 ArbGG grund-sätzlich die Pflicht, die Berufung ausschließlich als elektronisches Dokument einzurei-chen. Gleiches gilt für vertretungsberechtigte Personen, für die ein sicherer Übermitt-lungsweg nach § 46c Abs. 4 Nr. 2 ArbGG zur Verfügung steht. 

Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektro-nische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils gelten-den Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden sich auf der Internetseite www.justiz.de. 

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. 

Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen: 

  1. Rechtsanwälte, 
  2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammen-schlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, 
  3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation

und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit ver-gleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. 

Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten. 

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden. 

Quelle: Rechtsprechungsdatenbank NRW

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