Scheren, mit denen man sich beim Laternenbasteln in den Finger schneiden kann, Treppenstufen, über die man als Laufanfänger schnell stolpert, zuschnappende Türen, die nicht als Gefahrenzone identifiziert worden sind – es liegt in der Natur der Sache, dass jede Kita unzählige Unfallgefahren für unsere Kinder birgt. Wenn ich meine Jungs nachmittags abhole denke ich daher oft: Ein Wunder, dass die beiden den Tag ohne größere Blessuren überstanden haben.
Letzte Woche ist es dann allerdings doch passiert: Der Große hatte einen schlimmen Unfall in der Kita. Schuld waren weder ein scharfer Gegenstand noch eine klassische Stolperfalle oder eine unerkannte Gefahrenquelle – sondern ein vermeintlich harmloser Pappkarton und ein Feuerwehrauto.
„Mama, es tut so weh.“
Als ich Freitagnachmittag in die Kita kam um die Jungs abzuholen – ein bisschen zu spät und voller Vorfreude auf das Wochenende – fing mich die sonst so fröhliche Erzieherin mit ernster Miene in der Garderobe ab. „Ich wollte Sie gerade anrufen, gut dass Sie jetzt da sind. Ihr Kind hatte vor 5 Minuten einen Unfall, bitte nicht erschrecken.“ Ich ließ reflexartig meine Handtasche auf den Boden fallen und betrat den Gruppenraum. Der Anblick, der sich mir bot, zerriss mir das Herz: Mein Sohn lag auf einer Matratze am Boden – mit blutverschmiertem Gesicht und Kühlkissen über der Stirn. Das linke Auge lugte ängstlich unter einer dicken Schwellung und mehreren Blutergüssen hervor. Um ihn herum stand eine Traube aus aufgeregten Erziehern und Kindern. Weinend streckte er seine Hände nach mir aus. „Mama, es tut so weh. Das soll nie wieder passieren.“ Ich wollte ihn sofort in meine Arme nehmen, doch eine andere Erzieherin, die gerade Erste-Hilfe-Maßnahmen durchführte, bat mich noch zu warten – sie war gerade dabei ihm einen Druckverband um den Kopf herum anzulegen.
Trotzdem nahm ich seine kleinen klebrigen Hände und versuchte ihn zu beruhigen. Die Erzieherin zeigte mir kurz sein aufgeplatztes Kinn mit einer klaffenden blutenden Wunde. Eigentlich kann ich Blut sehen, nicht aber das Blut meines eigenen Kindes. Mir wurde schwindelig. Ich versuchte die Fassung zu wahren, um meinen Sohn nicht noch mehr zu beunruhigen. Schlechte-Gewissen-Gedanken überkamen mich: Hätte ich doch wie ursprünglich geplant eine halbe Stunde früher die Arbeit beendet, dann wäre dieser Unfall nicht passiert. Ich war den Tränen nahe und hätte in diesem Moment alles darum gegeben, um meinem Sohn den Schock und die Schmerzen abzunehmen.
Dann erzählte mir die Erzieherin, was passiert war:
Die Kinder hatten während des Spätdienstes mit großen Pappkartons im Nest-Gruppenraum gespielt. Mein Sohn war in einen länglichen Karton gestiegen und lief damit umher. Wahrscheinlich war er wieder in die Rolle des übermütigen Astronauten geschlüpft. Diesmal war er jedoch in die falsche Rakete gestiegen: Zu eng, zu widerspenstig und nur schwer steuerbar… Bei der Mondlandung wollte er aus der Rakete hüpfen, doch es gelang es ihm nicht seine Arme zu befreien, so dass er mit voller Wucht – ohne sich mit den Händen abzustützen – auf sein Gesicht fiel. Besser gesagt auf ein Feuerwehrauto aus Holz. Ich war entsetzt und wollte es erst nicht glauben. Wie konnte eine so alltägliche Spielsituation mein Kind so ernsthaft verletzten? Und dazu noch in der Nestgruppe.
Nachdem sich das schluchzende Bündel in meinen Armen wieder etwas beruhigt hatte, schnappte ich mir Kind 2, dass die Welt nicht mehr verstand und auch zu weinen begann. Die Erzieherin rief mir noch irgendetwas mit Unfallbericht und Unfallkasse hinterher, doch ich hörte nicht richtig zu. Dann raste ich zum nächstgelegen Krankenhaus in die Notaufnahme.
Die Diagnose: Neben diversen Hämatomen und einer oberflächlichen Platzwunde am Auge erlitt mein Sohn eine „querverlaufende Wunde am Kinn bis in die Subcutis reichend, der linke laterale Wundrand schwalbenschwanzartig auslaufend“. Der „Kinn-Arzt“ (so nannte ihn mein Sohn später), meinte dazu: „Kleiner Halunke, da bist du ja im wahrsten Sinne des Worten mit einem blauen Auge davongekommen.“ Tatsächlich hätte es noch schlimmer kommen können. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Augen, die Nase oder die Zähne in Mitleidenschaft gezogen worden wären.
Als der Kleine abends tief und fest schlief – und hoffentlich von glimpflich endenden Weltraum-Missionen träumte – begann ich den Tag auf meine Weise zu verarbeiten: Ich rief meine Mutter an, schüttete ihr mein Herz aus und begann diesen Blogeintrag zu schreiben. Dabei erinnerte ich mich an das Stichwort „Unfallkasse“ und recherchierte was es eigentlich mit diesen gesetzlichen Unfallkassen im Zusammenhang mit Kita-Unfällen auf sich hat.
Wichtiges Kita-Unfall-Wissen: Unfallkassen, Durchgangsärzte und Ansprüche die deinem Kind (und Dir) zustehen
Wenn dein Kind in der Kita – oder auf dem Weg zur Kita oder von der Kita nach Hause – einen Unfall erleidet, ist versicherungstechnisch nicht die Krankenkasse deines Kindes, sondern die gesetzliche Unfallkasse zuständig. Der Kita-Unfall wird nämlich als eine Art „Arbeitsunfall“ betrachtet. Die zuständige regionale Unfallkasse, die du hier findest, trägt die Kosten für die ärztliche Behandlung und eventuell deren Spätfolgen. Wenn du dein Kind pflegst und keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld hast, kannst du dort auch deinen Verdienstausfall geltend machen – zum Beispiel wenn du selbständig arbeitest.
Den Kita-Unfall musst du der Unfallkasse in der Regel nicht melden. Das veranlasst die Kita und der behandelnde „Durchgangsarzt“. Das sind Fachärzte für Chirurgie und Orthopädie mit besonderen Kenntnissen und Erfahrungen in der Unfallmedizin, bei denen du dein verletztes Kind untersuchen lassen musst.
Wichtig ist vor allem, dass du im Falle eines Kita-Unfalls Folgendes beachtest:
1. Auch wenn es sich um einen kleineren Unfall handelt – du solltest unbedingt darauf bestehen, dass der Unfall in das Kita-Unfallbuch, auch „Verbandbuch“ genannt, eingetragen wird. Falls du doch später zum Arzt gehen solltest ist so dokumentiert, dass es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.
2. Lass dir vom Durchgangsarzt unbedingt eine Krankschreibung für deinen Arbeitgeber geben, wenn du mit deinem Kind einige Tage zu Hause bleibst. Den Schein brauchst du übrigens auch wenn du selbständig arbeitest, da dieser bei der Unfallkasse eingereicht werden muss, um deinen Verdienstausfall geltend zu machen.
3. Die Unfallkasse erstattet kein Schmerzensgeld. Wenn der Schaden grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht wurde, kommt evtl. ein Anspruch auf Schmerzensgeld gegenüber dem Erzieher in Betracht.
Und zum Abschluss noch ein SMART-MAMA TIPP:
Um dein Kind optimal vor Unfällen zu schützen kannst du auch eine private Unfallversicherung abschließen. Diese ist eigentlich für den Fall gedacht, dass sich ein Unfall in privaten Situationen ereignet und dein Kind bleibende Schäden davon trägt. Allerdings greift sie möglicherweise auch bei Unfallkassen-Unfällen. Das kann dazu führen, dass doppelte Versicherungsleistungen bezogen werden können. Am Besten lässt du dich dazu von einem unabhängigen Versicherungsmakler beraten.
…wenig beruhigt hat mich übrigens die Bemerkung der Erzieherin, mit der ich gestern noch einmal im Flur über den Kita-Unfall sprach: „Ihr Sohn ist eben ein Hansdampf in allen Gassen, bestimmt waren Sie mit ihm nicht das letzte Mal in der Notaufnahme“. Oha.
Hatte dein Kind auch schon einmal einen Kita-Unfall? Was ist genau passiert? Lief die Abwicklung über die Unfallkasse reibungslos? Ich freue mich, wenn du deine Erlebnisse hier teilst! Die Zukunft des Gambling Industrie Deuschlands Tickets in Berlin, DE, United States – Casino Spiele
4 Kommentare
naz
11. November 2015 at 9:20Gute Besserung für dein Sohn. Ich habe paar mal in kleineren Umfang erlebt. z.B. als mein Sohn 2 Jahr alt war… hat er sich am Kopf verletzt beim Bobby-Rally. Aber die Erzieherinnen damals hatten nicht die Wahrheit gesagt, was mich sehr geärgert hatte. Sie riefen an, bin bei der Arbeit. Sie sagten, Bitte bringen Sie Ihr Kind zum Krankenhaus, er hat schlimm gekotzt usw… Natürlich war es für mich noch schwieriger die Ruhe zu bewahren, mit einem Mann der default-einstellung auf Paranoid Zustand lebt:) war nicht einfach… Nachher wurde diese Leiterin, die 2 Uni-Diploma hatte, wurde doch entlassen, weil das nicht die 1. und letzte Blödsinn war.
Dajana
11. November 2015 at 15:40Liebe Sandra,
wir hatten noch keinen Kita-Unfall – unsere Kinder scheinen da viel Glück zu haben. Aber vor genau einem Jahr ist unserer Kleinen (damals noch nicht mal 3 Jahre alt) etwas ähnliches passiert: Sie fiel von einem großen Stoffpony in die Murmelbahn und schnitt sich die Haut an der Nasenwurzel dabei auf. Wir mussten sogar im Krankenhaus bleiben und ich bekam meinen Verdienstausfall von meiner Krankenkasse erstattet. Ich kann deinen Schrecken und deine Sorgen sehr gut nachvollziehen und wünsche deinem Sohn schnell gute Besserung! Die Narbe meiner Tochter sieht man jetzt übrigens kaum mehr und auch der Schreck ist verblasst!
Danke für die tolle Information mit der Unfallkasse! Das wird vielen Eltern sicher weiterhelfen, auch wenn die Situation nicht so schön ist, ein verunfalltes Kind zu Hause (oder im Krankenhaus) beaufsichtigen zu müssen.
Liebe Grüße,
Dajana
Oliver
12. November 2015 at 17:43Wir hatten schon viel Spaß mit unseren beiden: 2x Beinbruch, 3x genäht (+1x geklebt), 1x Hand auf dem heißen Herd (Verbrennungen 2. Grades), 2x Lungenentzündung, 1x Gehirnerschütterung. Alles erstaunlicherweise nicht in der Kita, insofern nicht dasselbe. Keinen der Fälle hätten wir realistisch verhindern können, diese Dinge passieren eben. Auch eine Unfallversicherung „schützt“ nicht vor Unfällen.
Mein Tipp nach all dem ist: Entspannt bleiben. Auch wenn ohne Betäubung genäht werden muss (weil z.B. betäuben mehr weh tut), wenn die Hand aufgeschnitten werden muss, um verbrannte Haut zu entfernen, oder wenn das Kind aufgrund des Schocks seinen eigenen Namen nicht mehr weiß. Die Ruhe, aber auch die Nervosität und Angst der Eltern überträgt sich in diesen Fällen auf die Kinder. Ist immer besser, wenn die Kinder bei der Behandlung selbst ruhig bleiben und keine Angst vor irgendetwas haben.
Am schlimmsten fand ich bei all dem immer das ewige Warten in der Notaufnahme. Ich habe mittlerweile die Nummern verschiedener Notaufnahmen gespeichert, damit ich vorher prüfen kann, wo es am schnellsten geht. In den Notaufnahmen, die nicht speziell für Kinder sind, wird man häufig auch schneller aufgerufen, weil sie Kindern den Vortritt geben. (Die Kinder-Notaufnahme im Virchow dagegen ist furchtbar.)
Aber seit knapp zwei Jahren war auch nichts mehr. Die Kinder sind vielleicht vorsichtiger geworden. Hoffe ich zumindest. 😉
Ludewig
3. Mai 2017 at 8:18Hallo ich habe da mal eine frage zum Thema unfall in der kita. Meine Tochter ist 4 und von der Reckstange gefallen, so richtig gesehen hat das keiner der Betreuer. Sie klagte über schmerzen im Oberarm bin dann mit ihr ins Krankenhaus wo sich raus stellte das sie kurz unter dem schultergelenk einen Bruch erlitten hat. Ich bin nun schon sechs Wochen mit ihr zu Hause. Ich bin gerade nicht in Arbeit und bekomme auch keine Leistungen von jeglichen Ämtern. Kann ich trotzdem Krankengeld bekommen für sie? Weil kita kosten müssen ja trotzdem gezahlt werden. Danke schon mal im voraus für die Antwort. Mfg D.L