Vermischtes

Reförmchen statt Reform: Die neuen Regelungen zum Elterngeld

Auf Instagram hatte ich ja schon vor ein paar Tagen die wichtigsten Regelungen gepostet – jetzt stelle ich sie euch noch einmal hier vor: Ab dem 1.9.2021 gelten neue Elterngeld-Regelungen, die ihr zur Elterngeldoptimierung unbedingt kennen solltet. Klar, die Fragen, die ihr mir bisher gestellt habt, sind schon eingearbeitet. Und wie angekündigt, werde ich auch noch einmal zusammenfassen, warum diese Reform eigentlich nur ein Reförmchen ist und was sich ändern müsste, damit das Elterngeld die richtigen Anreize setzt, um Fürsorgearbeit zwischen den Eltern gerechter aufzuteilen.

Ab wann und für wen gelten die neuen Regelungen?

Die neuen Regelungen gelten nur für Kinder, die ab dem 1.9.2021 geboren werden. Für Kinder, die VOR dem 1.9.2021 geboren wurde, gilt die Elterngeld-Reform nicht, auch nicht, wenn ihr gerade Elterngeld bezieht, oder noch keinen Antrag gestellt habt, oder das Kind am 31.8.2021 um 24:59 geboren wurde. Achtung, es gibt eine Ausnahme: Für Adoptionen gilt der Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes, nicht das Datum der Geburt! 

Mehr Elterngeld für Frühchen

Fangen wir mal bei den Kleinsten an: Für Frühchen gibt es ab sofort mehr Elterngeld – und zwar bis zu 4 Monate on top. Das freut mich ganz Besonders, denn in dieser Situation haben es alle Familien mehr als verdient finanziell besser gestellt zu werden. Entscheidend für die zusätzlichen Basiseltergeld-Monate (also 100% Elterngeld im Gegensatz zu Elterngeld Plus) ist dabei der Geburtstermin:

Liegt die Geburt ….

  • 6 Wochen vor dem errechneten ET, bedeutet das:       +1 Monat Basiselterngeld
  • 8 Wochen vor dem errechneten ET, bedeutet das:       +2 Monate Basiselterngeld
  • 12 Wochen vor dem errechneten ET, bedeutet das:      +3 Monate Basiselterngeld
  • 16 Wochen vor dem errechneten ET, bedeutet das      +4 Monate Basiselterngeld

Elterngeld und Teilzeittätigkeit

Ab sofort könnt ihr mehr Stunden in Teilzeit arbeiten! Während des Elterngeldbezugs waren es ja bisher maximal 30 Stunden pro Woche, jetzt sind es 32 Stunden/Woche. Diese Regelung ermöglicht euch mehr Freiheiten und auch mehr Gehalt, wenn ihr den Wunsch habt, bereits während des Elterngeldbezugs „vollzeitnah“ zu arbeiten.

Da mir die Frage in den letzten Tagen schon öfters gestellt wurde: die Regelung gilt auch erst für Geburten ab dem 1.9.2021. Wenn ihr also aktuell neben dem Elterngeldbezug 30 Stunden in Teilzeit arbeitet, und euer Kind vor dem 1.9.2021 geboren wurde, dürft ihr eure Teilzeittätigkeit nicht auf 32 Stunden/Woche erhöhen.

Einige von euch haben angemerkt, dass sie die 32 Stunden vermutlich gar nicht ausschöpfen können, da sie noch nicht wissen, ob sie zum Wiedereinstieg in Teilzeit einen Vollzeit-Kitaplatz bekommen. Die Bedarfsabfragen scheinen in einigen Bundesländern im Herbst zu erfolgen und wer zu diesem Zeitpunkt noch nicht arbeitet, hat wohl keine Chance einen Vollzeit-Kitaplatz zu erhalten. Das darf natürlich nicht sein! Jede noch so gut gemeinte Elterngeld-Reform läuft ins Leere, wenn die Kinderbetreuung fehlt. Auch wenn es nervig ist: Ich rate euch unbedingt dazu euren Kitaplatz notfalls gerichtlich durchzusetzen, oder euch die Kosten für eine private Betreuung vom Jugendamt erstatten zu lassen.

Und ich ergänze noch einen weiteren Punkt, der es leider immer wieder erschwert, Teilzeit während des Elterngeld-Bezuges zu arbeiten: Eltern müssen überhaupt erst einmal ihren Teilzeit-Anspruch durchsetzen. Das ist in der Praxis oftmals schwierig. Warum und was ihr im Falle einer Teilzeit-Ablehnung tun könnt, könnt ihr hier nachlesen

Fazit: Grundsätzlich ist die Erhöhung der möglichen Arbeitszeit während der Elternzeit eine gute Maßnahme, allerdings ist wird es nicht immer einfach sein, diese umzusetzen, da es entweder an den Betreuungsmöglichkeiten oder an der Erlaubnis in Teilzeit zu arbeiten, mangelt.

Verbesserungen beim Bezug des Partnerschaftsbonus

Der Partnerschaftsbonus, also die 4 Monate zusätzliches Elterngeld Plus, die ihr beantragen könnt, wenn beide Elternteile parallel vier Monate 25-30 Stunden/Woche neben dem Elterngeld-Bezug arbeiten, wird endlich flexibler. Dieser Bonus ist aus Sicht des Gesetzgeber DAS ultimative Instrument, um Elterngeld partnerschaftlich aufzuteilen. Ich sehe das etwas anders… (dazu später mehr).

Neu ist:

  • Ihr dürft den Partnerschaftsbonus beziehen, wenn ihr zwischen 24 – 32 Stunden/Woche arbeitet (bisher 25 – 30 Stunden)
  • Der Partnerschaftsbonus kann zwischen 2 und 4 Monate beantragt werden und muss nicht mehr ununterbrochen 4 Monate beansprucht werden
  • Ihr könnt den Partnerschaftsbonus früher beenden, ohne ihn insgesamt zurückzahlen zu müssen, z.B. dann, wenn ihr doch mehr als 32 Stunden arbeitet oder im Falle einer Erkrankung. Verkürzt ein Elternteil den Bezug des Partnerschaftsbonus, kann ihn der andere Elternteil weiter beziehen.
  • Der Partnerschaftsbonus kann kurzfristig verlängert werden – z.B. wenn man statt 2 Monate doch 4 Monate in Teilzeit arbeitet.
  • Arbeitszeitnachweise müssen nachträglich nur noch im Ausnahmefall vorgelegt werden.

Wichtig: Wenn ihr alleinerziehend seid, könnt ihr den Partnerschaftsbonus natürlich auch beantragen.

Mehr Elterngeld bei geringen selbständigen Nebeneinkünften

Wie oft lese ich:

„Es ist so gemein, dass das Jahr vor der Geburt als Elterngeld-Bemessungszeitraum zählt – nur weil ich selbständig ein paar Euro nebenbei verdient habe, werde ich behandelt wie eine Selbständige, obwohl ich in den letzten 12 Monaten vor der Geburt als Angestellte viieeeel mehr verdient habe.“

Eltern, die angestellt tätig sind und sich selbständig ein paar Euros dazuverdienen, sind tatsächlich schnell in der misslichen Situation, dass sie nur den Elterngeld-Mindestbetrag erhalten, wenn sie im Jahr vor der Geburt nur sehr wenig verdient haben. Auf Antrag ist es jetzt möglich, sich als Nicht-selbständig behandeln zu lassen. Allerdings nur dann, wenn die monatlichen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit durchschnittlich unter 35,00 EUR betragen. 

Kein Elterngeld für Spitzenverdiener

Wer überdurchschnittlich im letzten Steuerjahr vor der Geburt des Kindes verdient hat, verliert seinen Anspruch auf Elterngeld. Diese Regelung ist vom Grundgedanken nicht neu, allerdings durfte man früher bis zu einem gemeinsamen Einkommen von 500.000 EUR/Jahr noch Elterngeld beziehen – jetzt sind es 300.000 EUR/Jahr, wenn beide Eltern Elterngeld beziehen. Bezieht nur eine Person Elterngeld, darf sie nicht mehr als 250.000 EUR/Jahr verdienen. Entscheidend ist übrigens das zu versteuernde Einkommen – also das Brutto-Einkommen. 

Fazit

Zusammengefasst gibt es einen Daumen hoch für einige Regelungen, insbesondere die finanziellen Verbesserungen bei der Geburt von Frühchen, die erhöhte Arbeitszeit von bis zu 32 Stunden/Woche sowie die Flexibilisierungen beim Partnerschaftbonus.

Was mir ganz besonders fehlt, ist eine ernsthafte Diskussion zu der Frage der Elterngeldhöhe. Der Mindestbeitrag von EUR 300 und der Höchstbetrag von EUR 1.800/Monat gilt jetzt seit 14 (!) Jahren. Wäre es hier nicht mal an der Zeit die Beträge angesichts steigender Inflation hochzusetzen? Spätestens im Zuge der Corona-Krise wäre es doch jetzt der richtige Zeitpunkt Eltern auch mehr finanzielle Wertschätzung zukommen zu lassen. 

Ein weiterer Punkt ist, dass das Elterngeld kaum Anreize bietet, gleichberechtigt Elterngeld zu beantragen. Störend war in diesem Kontext schon immer die Elterngeld-Systematik, die seit der Elterngeld-Einführung auf dem Gedanken beruht, dass es in 12 + 2 Monate aufgeteilt wird. Die 2 zusätzlichen Monate, bezeichnet als Partnermonate, wurden schnell zum Un-Wort „Vätermonate“ – denn leider hat sich das Elterngeld-Modell überwiegend so eingependelt, dass Mütter 12 Monate beantragen, Väter lediglich 2 Monate.

Dem sollte der Gesetzgeber dringend entgegenwirken, denn im Sinne einer partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit müssen Paare belohnt werden, die sich Fürsorge- und Erwerbsarbeit gleichberechtigt aufteilen. Ich fände es daher besser, wenn es für Paare ein Gesamt-Elterngeldkontingent gäbe, wie z.B. 14 Monate. Wenn dieses Kontingent gleichberechtig aufgeteilt wird, gibt könnte man z.B. zusätzliches Elterngeld zahlen. Also bei einer Aufteilung von 7+7 Monate + 20 % Elterngeld, 8+6 Monate + 15% Elterngeld, 9+5 Monate + 10% Elterngeld usw…

Oder man verfolgt den noch mutigeren Ansatz, dass nur noch dann ein Anspruch auf 14 Monate Elterngeld besteht, wenn der 2. Elternteil mindestens 4 Monate Elterngeld beansprucht….

Ich bin sehr gespannt, wie die nächste Elterngeld-Reform aussieht und hoffe sehr, dass bei den zu erwartenden Gesetzesänderungen in der kommenden Legislaturperiode vor allem diese beiden Punkte auf der Agenda stehen!

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