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Coworking mit Kind – die neue Alternative zur Kita

Eltern-Kind-Büros sind hierzulande leider noch eine Seltenheit. Und wenn man genau hinschaut, handelt es sich dabei meistens gar nicht um ein Büro, in dem man regulär mit seinem Kind arbeiten darf. Entweder wird ein Aufenthaltsraum für schwangere und stillende Mütter, oder eine Art Notaufnahme eingerichtet, die nur in Ausnahmesituationen genutzt werden darf –  also dann, wenn die Tagesmutter krank oder die Kita geschlossen ist.

Unter einem echten Eltern-Kind-Büro  verstehe ich etwas anderes: Die Möglichkeit für Mama und Papa, gemeinsam mit dem Kind im gleichen Arbeitsraum, zumindest aber Tür an Tür zu arbeiten. Derartigen Vorschlägen dürften die meisten Arbeitgeber eher skeptisch gegenüber stehen: „Ein Kind im Büro lenkt doch die Eltern ab, wie soll dabei ein konzentriertes und effektives Arbeiten möglich sein? Und was sagen die Kollegen und Kunden dazu? Hippieähnliche Zustände im Büro? Das stört doch den Betriebsfrieden und dem Ansehen der Firma!“

Ein gewisses Verständnis für derartige Gedankengänge habe ich schon. Als derzeitige Homeoffice-Mom mache täglich die Erfahrung, dass das Arbeiten mit Baby nicht immer einfach ist. Wenn ich anfangen möchte zu arbeiten, will der Kleine meistens auf meinen Arm und mit meinem Telefon oder Laptop spielen. Und da sind dann noch diese ständigen Unterbrechungen durch volle Windeln, Hunger, Durst, Zähne und andere Wehwehchen… Produktive Arbeitsphasen sind eigentlich nur die Baby-Schlafphasen.

Aber warum nicht einfach mal querdenken: Müssen wir unsere Kinder zwingend zu einer Tagesmutter oder in die Kita geben um wieder arbeiten gehen zu können? Gibt es nicht auch Modelle, die es uns ermöglichen zu arbeiten und gleichzeitig in der Nähe unserer Kinder zu sein – gerade in den ersten Monaten und Jahren nach der Geburt?

Coworking Toddler, Rockzipfel & Co. – Arbeiten im Nahbereich der Kinder

Als ich vor einiger Zeit von „Coworking Toddler“ hörte war ich begeistert (so begeistert, dass ich spontan beschloss das Projekt beratend zu unterstützen). „Coworking Toddler“ soll das scheinbar Unmögliche ermöglichen: Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch ein Arbeiten im Nahbereich der Kinder. Und zwar nicht im Büro, nicht zu Hause sondern in einem Coworking Space mit Kinderbetreuung. Demnächst soll es in Berlin losgehen (ganz nebenbei: „Coworking Toddler“ sucht noch Unterstützer und Sponsoren, bei Interesse könnt ihr euch gerne melden). Mamas und Papas können dann in einem Gemeinschafts- oder ruhigem Einzelbüro arbeiten, während die Kinder nebenan von qualifiziertem Personal betreut werden (und selbstverständlich coplayen können). Zusätzlich gibt es einen Ruhe- und einen Gemeinschaftraum, in dem zwischendurch gemeinsam gespielt, gestillt, gegessen und gekuschelt werden kann.

Ähnliche Projekte zeigen bereits, dass das Coworking mit Kind funktioniert. Wie zum Beispiel das bereits in 2010 gegründete „Rockzipfel“ in Leipzig, inzwischen sogar mit Ablegern in Dresden und Hamburg. In der ersten Etage eines Leipziger Altbaus werden die Kinder von Freiwilligen betreut, teilweise auch von den Eltern selbst. Dabei versteht sich das Rockzipfel als ein „lebendiges Hausprojekt mit täglichen Synergien“. Es wird nicht nur gearbeitet und genetzwerkt, sondern auch gemeinsam eingekauft, gekocht, gegessen und geputzt. Eine flexible Betreuung der Kinder, inklusive der Benutzung eines Büros, bittet das „Coworkind“ in Hannover an. Die Eltern können dabei jede Woche aus Neue bestimmen wann sie die Kinderbetreuung nutzen möchten.  Auch „Allynet“, ein in München ansässiger Coworking Space, bietet als Zusatzangebot Arbeitsräume für Eltern mit Kindern an und organisiert auf Wunsch eine Kinderbetreuung dazu.

Coworking mit Kind – nicht nur für Selbständige!

Klassischerweise bietet sich das Coworking mit Kindern für Selbständige an, die sich ihren Arbeitsort frei aussuchen können. Aber warum sollten nicht auch angestellte Eltern, die theoretisch in einem Homeoffice arbeiten könnten, mit ihrem Kind coworken? Gerade für die Mamas, die wieder früh in den Job einsteigen möchten und keine geeignete Betreuungsmöglichkeit finden, oder sich noch nicht ganz von ihrem Baby trennen möchten – die perfekte Lösung! Aber auch für die Arbeitgeber liegen die Vorteile auf der Hand: Mamas fangen nach der Geburt wieder schneller (und glücklicher) an zu arbeiten. Und nebenbei ist das Coworking mit Kind auch ein tolles Aushängeschild für das Unternehmen. Denn Arbeitgeber, die das Coworking mit Kind ermöglichen, zeigen, dass sie familienfreundlich sind und die vielbeschworene Vereinbarkeit von Kind und Beruf tatsächlich umsetzen.

SMART-MAMA TIPP

Du bist angestellt und möchtest mit deinem Kind coworken? Dann frag doch einfach deinen Arbeitgeber. Wenn er skeptisch ist: Schlag ihm einfach eine Testphase vor. Egal ob längerfristig oder nur ein Test: Dazu solltet ihr immer eine schriftlich Vereinbarung mit folgenden Regelungen treffen: Dauer der Coworking- mit- Kind- Phase, Arbeitszeiten, Erreichbarkeit, Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber (Kosten für den Coworking Space und die Kinderbetreuung sowie Laptop, Telefon, Versicherungen, etc.), Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften… Möglicherweise besteht der Arbeitgeber auch auf ein Zutrittsrecht, in diesem Fall solltet ihr versuchen eine einvernehmliche Lösung zu finden (z. Bsp. nur nach Vorankündigung). Von großer Bedeutung ist auch das Thema Vertraulichkeit. Sofern entsprechende Pflichten nicht ausdrücklich geregelt ist, solltet ihr immer auf deren Einhaltung achten (z. Bsp. durch das Einschließen vertraulicher Dokumente bei Verlassen des Arbeitsplatzes).

Ihr findet es schade, dass es keine Möglichkeit zum coworken mit Kindern in eurer Nähe gibt? Dann tut euch mit gleichgesinnten engagierten Mamas zusammen und gründet einfach ein ähnliches Projekt. Dazu bald mehr bei smart-mama!

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5 Kommentare

  • Antworten
    Interview mit unserer Rechtexpertin Sandra Runge von smart-mama | Maternita
    9. April 2014 at 11:57

    […] Familie und Beruf zu vereinbaren ist für mich eine täglich neue Herausforderung. Irgendwie gelingt es immer, aber ich musste lernen damit umzugehen, dass das schlechte Gewissen zu einem ständigen  Begleiter wird. Mit dem Baby fängt mein Arbeitstag derzeit  erst abends an und endet irgendwann nachts. Ab und zu arbeite ich auch tagsüber, wenn der Kleine schläft oder wenn mich mein Mann, der auch selbständig arbeitet, unterstützen kann. Eine dauerhafte Lösung ist das natürlich nicht, daher hoffe ich, dass ich bald  in einem Coworking-Büro mit Kinderbetreuung arbeiten kann. Über dieses  wunderbare Projekt, das Eltern ermöglich in unmittelbarer Näher zu ihren Kindern zu arbeiten, habe ich auch schon auf meinem Blog geschrieben („Coworking Toddler“). […]

  • Antworten
    Jule
    16. April 2014 at 16:55

    Genau, in Dresden wird auch gerockzipfelt :-)…www.rockzipfel-dresden.de

  • Antworten
    smart-mama
    3. Mai 2014 at 21:53

    Liebe Jule, herzlichen Dank für den Link!

  • Antworten
    Nina/ Pinspiration
    13. Juni 2015 at 22:02

    Liebe Sandra,

    ich freue mich riesig, dass die Idee Coworking Toddler die Fundraising Schwelle geknackt hat – Herzlichen Glückwunsch! Meine monetäre Unterstützung war natürlich als Mama mit erstem Kind und freiberuflichem Arbeiten (Bloggen & Redaktion) selbstverständlich.

    Ich freue mich auf alles, was noch von Coworking todler kommt und wenn ihr noch Team-Unterstützung braucht wäre ich auch dabei 🙂
    Herzliche Grüße aus Prenzlauerberg, Nina

  • Antworten
    Linh
    3. August 2016 at 15:12

    Eine tolle Idee! Ich finde die Co-Working Sache ohnehin spannend – in Kombination mit Kinderbetreuung macht es für mich noch interessanter. Nach einem Jahr Homeoffice muss ich sagen, dass das sicherlich die perfektere Lösung gewesen wäre. Ich würde mich über weiter Infos und Berichte freuen und falls jemand in Frankfurt oder Rhein-Main-Gebiet an Co-Working mit Kind denkt unterstütze würde ich mich noch mehr freuen. 🙂 LG

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