Elterngeld

Mehr Elterngeld für Selbständige – Teil 2: Wie du Elterngeld-Rückzahlungen vermeidest

Wußtest du, dass wir nach der Geburt unseres ersten Kindes ein Elterngeld-Desaster erlebt haben? Nachdem wir Elterngeld für unser erstes Kind bezogen hatten, flatterte nämlich eines Tages ein Schreiben der Elterngeldstelle in unseren Briefkasten, in dem wir unter Fristsetzung dazu aufgefordert wurden, das Elterngeld meines Mannes bis auf den Grundbetrag von EUR 300 zurück zu zahlen. Das war ein großer Schock, denn wir waren uns natürlich sicher, dass uns das Elterngeld zusteht – auch wenn es immer heißt, dass es zunächst vorläufig gezahlt wird.

Was war passiert? Wie kam es zu der Elterngeld-Rückforderung?

Mein Mann war vor der Beantragung des Elterngeldes als selbständiger Berater für einen großen Konzern tätig. Er beantragte 2 Monate Elterngeld, das auch pünktlich auf dem Konto landete. Soweit so gut.

Leider wurde während dieser beiden Monate das Honorar aus seiner Beratungstätigkeit auf das Konto überwiesen – für Leistungen, die er lange vor  dem Elterngeld-Bezug erbracht hatte. Wir hatten eigentlich damit gerechnet, dass seine Rechnung vor seinem Elterngeldezug überwiesen wird. Doch Pustekuchen. Sein Auftraggeber hatte zu diesem Zeitpunkt eine sehr schlechte Zahlungsmoral und zahlte unerwartet spät – leider zum ungünstigsten Zeitpunkt für uns, wie sich später herausstellte.

Zunächst dachten wir uns nichts dabei und freuten uns, dass das Elterngeld und sein Honorar bezahlt wurden. Nachdem die Elterngeldzahlungen abgeschlossen waren, reichten wir brav die Nachweise zum Verdienst während des Elterngeld-Bezugszeitraumes bei der Elterngeldstelle ein (Infos dazu findest du hier).

Doch dann passierte das Gemeine: Die Elterngeldstelle rechnete das Honorar meines Mannes voll auf sein Elterngeld an. Wir waren völlig perplex als wir den Elterngeld-Rückzahlungs-Bescheid lasen, denn wir waren ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass der Zeitpunkt der Leistung entscheidend ist und nicht der Eingang des Geldes auf das Konto.

Verzweifelt suchte ich dafür eine gesetzliche Grundlage, die uns Recht gab – doch vergebens.

Das Bundessozialgericht sagt: Beim Elterngeld für Selbständige gilt nicht das Leistungs- sondern das Zuflussprinzip

Natürlich legten wir gegen diese Entscheidung Widerspruch ein, denn die Frage, ob für den Hinzuverdienst der Zeitpunkt der erbrachten Leistung oder der Zufluss auf dem Konto entscheidend ist, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht höchstrichterlich entschieden.

Letztendlich mussten wir den Betrag doch zurückzahlen, denn das Bundessozialgericht entschied wenige Monate nach unserem Widerspruch, dass für Selbständige während des Hinzuverdienstes das „Zuflussprinzip“ gilt (u.a. Urteil vom 18.08.2011 -B 10 EG 5/11 R).

Das bedeutet im Klartext: Immer dann, wenn du als Selbständiger während des Elterngeld-Bezuges Geld verdienst, bzw. einen Gewinn erzielst und das Geld zu diesem Zeitpunkt auf dein Konto überwiesen wird, erfolgt eine Anrechnung auf dein Elterngeld. Die Elterngeldstelle konzentriert sich dabei nicht auf einzelne Monate, sondern zieht den Gewinn von deiner gesamten Bemessungsgrundlage ab (nähere Infos dazu findest du in Teil 1 der Reihe „Mehr Elterngeld für Selbständige“).

Abhängig von der Höhe deines Zuverdienstes kann es daher rechnerisch zu Elterngeld-Überzahlungen und damit zu Rückforderungen der Elterngeldstelle kommen.  Und zwar – entgegen einem weit verbreiteten Gerücht – ab dem ersten Euro. Denn es gibt leider keinen Hinzuverdienst-Freibetrag.

Tipps und Strategien, wie du Elterngeld-Nachzahlungen vermeidest oder minimierst

Im Nachhinein hätte wir damals ganz anders planen müssen. Daher folgender Tipp für dich, damit du die Falle, über die wir gestolpert sind, überspringst:

Wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Hinzuverdienst während des Elterngeld-Bezugs auf deinem Konto landet, solltest du – wenn möglich – dafür sorgen, dass du während des Elterngeldbezuges rechnerisch keinen Gewinn erzielst.

Klingt kompliziert ist aber häufig durch ganz einfache Maßnahmen umzusetzen. Der Vorteil als Selbständiger ist ja, dass man auch gewisse Steuerungsmöglichkeiten hast. Für uns war es damals leider zu spät, aber für dich bestimmt noch nicht:

Maßnahmen, die dazu führen, dass du als Selbständige kein Elterngeld zurückzahlen musst:

  • Zahlungseingänge zeitlich beeinflussen: Versuche die Rechnungen so zu stellen, dass dein Hinzuverdienst entweder vor oder nach dem Elterngeldbezug auf dein Konto eingeht. Wenn deine Kunden locker drauf und verlässlich sind, kannst du mit ihnen vielleicht sogar einen besteimmten Zahlungszeitpunkt vereinbaren.
  • Betriebsausgaben tätigen: Du brauchst einen neuen Rechner, einen Dienstwagen, möchtest eine Fortbildung machen oder willst deine Webseite auf Vordermann bringen? Dann solltest du das während der Elterngeld-Monate tun und die Rechnung während des Bezugszeitraumes bezahlen.
  • Outsourcing und Vertretung: Falls du einige Tätigkeiten während des Elterngeldbezuges zeitlich nicht schaffst, kannst du diese zur Entlastung outsorcen. Besonders eignet sich die Buchhaltung oder Steuererklärung. Die Rechnung für den Buchhalter und Steuerberater überweist du dann im Eterngeld-Bezugszeitraum.
  • Elterngeldpausen einlegen: Wenn du zu bestimmten Monaten einen sehr hohen Verdienst erzielst, kann es sinnvoll sein eine Elterngeld-Pause einzulegen. Das ist im laufenden Elterngeld-Bezug möglich, wenn du für die betreffenden Monate noch kein Elterngeld erhalten hast. Die Pausen müssen der Elterngeld-Stelle schriftlich mitgeteilt werden.

Und jetzt wünsche ich dir viel Glück und drücke dir Daumen, dass du niemals ein Elterngeld-Desaster erleben musst! Wenn du noch weitere spannende Strategien auf Lager hast, freue ich mich, wenn du deine Tipps und Erfahrungen teilst 🙂

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11 Kommentare

  • Antworten
    Christine
    21. August 2016 at 20:21

    Hallo Sandra,

    Toller Beitrag danke. Die Sache mit dem Zufluss war nichtmal meinem Steuerberater klar.

    Eine Sache: Diesen Satz verstehe ich leider nicht ganz eindeutig: „Die Elterngeldstelle konzentriert sich dabei nicht auf einzelne Monate, sondern zieht den Gewinn von deiner gesamten Bemessungsgrundlage ab (nähere Infos dazu findest du hier).“ „Hier“ ist leider auch nicht verlinkt.
    Anders gefragt: Wenn ich Elterngeld für Jan, März, Mai, Juli beantrage, um in Feb, April, Juni zu arbeiten und Zahlungen zu erhalten, bin ich dann auf der sicheren Seite, dass mir für die Elterngeldmonate Jan, März, Mai nichts abgezogen wird?
    Danke schonmals für deine Antwort!

    • Antworten
      smart-mama
      23. August 2016 at 9:19

      Liebe Christine, danke für dein liebes Feedback! Der Artikel ist zwichenzeitlich verlinkt, da hat scheinbar etwas nicht funktioniert. Was ich mit dem Satz sagen wollte: Wenn du Geld während des Bezugszeitraumes erwirtschaftest, wirkt sich das auf deine Bemessungsgrundlage aus (also in der Regel der Gewinn des Jahres bevor du Elterngeld bezogen hast). Fällt die Bemessungsgrundlage niedriger aus, minimiert sich im Nachgang jede ELterngeldzahlung für jeden einzelnen Monat. Auf der sicheren Seite bist du dann, wenn du keinen Gewinn während des Elterngeld-Bezugszeitraumes erzielst. Ich hoffe das hilft dir weiter. Lieber Gruß, Sandra

  • Antworten
    Mirjam
    20. September 2016 at 15:26

    Hallo Sandra,
    ich beziehe Elterngeld und habe nun die Möglichkeit über einen Honorarvertrag einen kleinen Betrag einmalig hinzu zu verdienen. Gilt auch hier dein Tipp, dass ich mir das Entgelt erst nach Ende meines Elterngeldbezuges auszahlen lassen sollte? Oder würde ein kleiner Betrag anrechenfrei sein?
    Vielen Dank im Voraus!

    • Antworten
      smart-mama
      23. Oktober 2016 at 23:42

      Liebe Mirjam, leider gibt es keinen Freibetrag… In diesem Fall könntest du überlegen, dir den Elterngeldbezug für den Monat zu unterbrechen, in dem das Honorar gezahlt wird. LG, Sandra

  • Antworten
    Carina
    28. November 2016 at 12:55

    Danke für die zwei tollen Artikel zum Thema Elterngeld bei Selbständigen. Dazu gibt es – wie du schon gesagt hast – kaum Informationen. Und wenn sind diese sehr ungenau. Mein Steuerberater und selbst die Elterngeldstelle konnte mir zu einigen Punkten nur „schwammige“ Aussagen geben. Herzlichen Dank du hast mir sehr geholfen =)

  • Antworten
    Julia
    3. März 2017 at 14:37

    Hallo, vielleicht wäre es an dieser Stelle noch erwähnenswert: Wenn die bspw. GbR aus 2 Gesellschaftern (z.B.Ehepartnern) besteht, kann man die Gewinnausschüttung relativ simpel verschieben sodass statt der viell. üblichen 50/50 nur 90/10 festgehalten werden. So vermeidet man die Problematik der überraschend hohen Einkünfte und Nachzahlungen während der Elternzeit.

  • Antworten
    Gordana
    21. April 2017 at 21:37

    Hallo,

    habe letztens meine Steuererklärung ans FA geschickt. Leider sehe ich den Artikel erst jetzt…Kann man da denn noch im Nachhinein an seiner Steuerklärung etwas abändern? Oder ist der Zug schon abgefahren? Einige Dinge aus dem Artikel habe ich umgesetzt, aber das mit den Pausenmonaten leider nicht. Bin erst seit knapp 9 Monaten nebenberuflich selbstständig.

    Gruß Gordana

  • Antworten
    Stefan
    16. Juli 2017 at 11:51

    Liebe SmartMama,

    Vielen Dank für diesen Artikel!!! Nach so etwas habe ich lange gesucht und auch die Elterngeldstelle ist mit Selbstständigkeit bzw bei mir nebenberuflicher Selbstständigkeit überfordert.

    Ein paar Unklarheiten habe ich aber noch. Ich habe ab Herbst zusammen mit meiner Frau auf 25h reduziert (nach langem hin und her klappt’s tatsächlich mit dem Bonus!). Damit bleiben noch 5h pro Woche für die Selbstständigkeit. In welcher Form will die Elterngeldstelle denn die Stundenzahl nachgewiesen bekommen? Ich arbeite als Moderator nicht auf Stundenbasis…

    Die Pausenmonate im Elterngeldbezug gelten auch bei Elterngeld Plus oder? Kann man in diesen Monaten nach Zuflussprinz soviel verdienen wie man möchte? (Ein Extremfall wäre ja der Jahresverdienst im Pausemonat Dezember, sofern man das mit den Kunden regeln kann)

  • Antworten
    Sophia
    25. Juli 2017 at 20:28

    Liebe SmartMama,

    danke für den tollen Artikel, der auch jetzt, 2017, unübertroffen informativ ist!

    Ich stehe gerade einer Nachforderung von rund 6000 € Elterngeld gegenüber, da ich als freischaffende Künstlerin meine Haupteinnahmen aus der Schweiz habe und aus einem Lehrauftrag in Deutschland-
    Das Schweizer Einkommen läuft in meiner Steuererklärung unter Progressionsvorbehalt, die Einnahmen aus dem Lehrauftrag sind zu 2100 € als Freibetrag benannt.
    Die Schweizer Gewinne und die Einnahmen aus dem Lehrauftrag inklusive steuerfreiem Anteil gelten offensichtlich nicht als Bemessungsgrundlage für das Elterngeld!
    Davon bereinigt fällt das tatsächliche Elterngeld so niedrig aus, dass ich in dem Jahr, in dem ich davon lebte, sicherlich Sozialleistungen beantragt hätte.
    Im Nachhinein ist mir durch die vorläufige hohe Berechnung also Schaden entstanden, auch finde ich bisher noch keine ausführliche Antwort darauf, ob tatsächlich das Schweizer Einkommen und der Freibetrag völlig als Gewinne gestrichen werden können…

    Rätselnde Grüße von
    Sophia

    • Antworten
      smart-mama
      21. September 2017 at 23:14

      Liebe Sophia, das ist ein komplizierter Fall, den man ausführlich prüfen müsste… würde hier den Rahmen sprengen. Kannst mich aber gerne unter hallo@smart-mama.de kontaktieren. Lieber Gruß

    Antworten